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Auch in diesem Jahr stellen wir Euch unsere ImpulsgeberInnen vor. Neu ist diesmal, dass wir zweiteilige Interviews geführt haben. Den ersten Teil lest Ihr hier im Blog, den zweiten Teil hört Ihr im Management-Radio.

Heute stellen wir Sabine Kluge, Geschäftsführende Gesellschafterin bei der Kluge Consulting GmbH und Gründerin des HR Makerspace, vor.

Dieses Jahr beim PM Camp Berlin haben wir ein dreiteiliges Motto – Welche drei Worte stellen Dich am besten vor und warum?

Ich könnte mit drei Hashtags aufwarten. Der erste heißt #ZweiNullErklärtVierNull, weil ich eigentlich ein Gewächs der Old Economy bin, aber glaube, die neue Wirtschaft, das neue Arbeiten in Theorie und Praxis sehr gut zu verstehen, insbesondere das Warum und das Wie auch ganz gut vermitteln zu können.
Der zweite Hashtag wäre #Kollaboration, weil ich glaube daran, dass wir nur in Netzwerken gute unternehmerische Entscheidungen treffen können.
Und der dritte Hashtag wäre #Babyboomer, weil ich mich eigentlich erst relativ spät entschlossen habe, es mit der Digitalisierung und damit allen Themen rund um Transformation aufzunehmen.

Das ist die perfekte Überleitung, denn gerade Transformation ist ja auch ein Teil unseres Mottos dieses Jahr – Transformation | Innovation | Partizipation. Was verbindest Du persönlich damit?

Also um den vorherigen Hashtag nochmal aufzugreifen: Die Erkenntnis, in komplexen Zeiten oder in Komplexität anders zu führen, anders zu entscheiden und anders zusammenarbeiten zu müssen. Das sind aus meiner Erfahrung die drei entscheidenden Bereiche, die sich organisatorisch massiv verändern, wenn das Umfeld komplex wird. Und im Prinzip steckt genau darin die Notwendigkeit zur Transformation, die Notwendigkeit zur Partizipation – nicht, weil wir unheimlich demokratieerzogen sind und einfach dufte miteinander reden wollen, sondern das ist eine absolute Notwendigkeit, damit Unternehmen überhaupt überleben können und gute unternehmerische Entscheidungen treffen.

Bei Siemens hast du Working Out Loud bekannt gemacht und gemeinsam mit anderen eine konzernübergreifende, inzwischen ausgezeichnete Community of Practice ins Leben gerufen. Was fasziniert Dich an WOL am meisten?

Wenn man im Konzern „groß geworden“ ist – ich hab da ja ein Vierteljahrhundert verbracht – dann hat man wahrscheinlich in seinem laufenden Leben 130 Change-Programme erlebt, die mehr oder weniger halb- oder dreiviertel- oder gar nicht fertig ins Unternehmen reingebracht wurden, meistens als großer Masterplan von „oben“. Und Working Out Loud finde ich deshalb so faszinierend, weil es ein Change-Programm ist, das Menschen, aber eben auch Organisationen verändert. Es kommt nicht von oben, es kommt aus der Mitte. Die Veränderung, der Impuls geht nicht vom Topmanagement aus, sondern von den Leuten, die es machen, die andere inspirieren, die sich mehr trauen, die sich Freiräume verschaffen, die einen ganz anderen Blick auf ihre Talente, auf ihre Leidenschaft und auf ihre Lust, in dem Unternehmen zu arbeiten, gewinnen. Und das finde ich eine ganz große Faszination, speziell für Mitarbeiter, die schon lange im Unternehmen sind, die vielleicht schon etwas müde sind, sich abzukämpfen mit den für traditionelle Unternehmenskulturen typischen, scheinbar Gott gegebenen Verhältnissen. Das kann wie eine Frischzellenkur wirken, man hat wieder Lust, die Fühler auszustrecken, Dinge anders zu machen, und man traut sich, gegen Widerstände von einer traditionellen Unternehmens- und Führungskultur anzuarbeiten.

Und was war dabei für Dich die härteste Nuss und was die größte Überraschung?

Die härteste Nuss ist eigentlich, dass man auch Führungskräften, die sich im Alltag progressiv gebärden, ordentlich Atemnot verschafft, wenn man plötzlich sagt, die Leute verbringen jetzt eine Stunde in der Woche eigenverantwortlich und eigenbestimmt. Hier ist viel Überzeugungsarbeit nötig, dass solche Freiräume „aus dem eigenen Silo heraus“ auch Innovation und Kreativität fördern.

Und die größte Überraschung war für mich ganz persönlich – nachdem ich ja schon eine Reihe von Circles durchlaufen habe, um genau zu verstehen, was passiert in welcher Konstellation (team-intern, unternehmens-intern, unternehmens-übergreifend) – mein unternehmensinterner Circle mit Siemens-Kollegen aus München. Dazu muss man wissen: Ich bin ja seit Jahren in Berlin, das heißt, ich war nie so ganz connected zu unserem Headquarter, Und für mich völlig überraschend: Ich fühlte mich plötzlich so verbunden wie nie vorher zu meinem Unternehmen, durch das echte Peer Coaching, den sehr offenen und ehrlichen Austausch mit den Kollegen, das regelmässige Kalibrieren und gemeinsame Reflektieren: Ich weiss nicht, ob ich mich je vorher ähnlich verbunden gefühlt habe mit meinem eigenen Unternehmen wie in dieser Zeit, als ich den Circle mit meinen Kollegen gemacht hab, weil ich hab Dinge aus meinem Unternehmen erfahren, die nochmal ganz andere Perspektiven eröffnet haben. Das war interessanterweise in einer Zeit, wo ich schon beschlossen hatte, meine Arbeit ausserhalb von Siemens fortzusetzen. Und ganz ehrlich, wenn mich irgendwas noch mal zögern hat oder hätte lassen, dann war’s genau die Erfahrung, diesen sehr engen und offenen, ans Herz und an die Nieren gehenden Austausch mit den Kollegen, der uns Mitwirkende eigentlich alle nachhaltig verändert hat.

Beim diesjährigen PM Camp bist Du ja eine der Impulsgeberinnen und stehst vor allem für den Teil Partizipation. Dazu lädst Du Donnerstagabend schon zum KickOff-Workshop ein. Worauf können sich die TeilgeberInnen besonders freuen?

Ich glaube, das ist immer noch sehr, sehr ungewöhnlich, also sowohl für Konferenzen als auch Unkonferenzen, dass man in einer großen Gruppe so einen starken interaktiven Impuls bekommt. Und ich glaube, darauf können sich die Teilnehmer und Teilgeber und Anwesenden freuen, dass wir schon an diesem Nachmittag in eine gemeinsame Interaktion, in eine gemeinsame Reflexion gehen, die eben auch Kollegen und Anwesende aus der Reserve und aus der Komfortzone lockt und sie, denke ich, in einer relativ kurzen Zeit, ein relativ tiefgreifendes Kollaborationserlebnis, Vernetzungserlebnis, Gemeinschaftsgefühl erleben lässt. Sie fühlen sich ganz schnell ganz angedockt, und dazu habe ich so ein paar Ideen im Köcher, die letzten Endes nichts anderes sind, als Vernetzungshaltung einmal wirklich kurz und knackig auszuprobieren, um zu gucken, was passiert denn da bei mir dann eigentlich im Bauch, wenn ich dann teile, wenn ich dann was von mir preisgebe, wenn ich dann einen anderen wertschätze. Wir haben das alle mal gelernt, das ist Menschsein, aber Unternehmen fördern das nicht. Das heißt, wir tun etwas, wir inspirieren Leute oder infizieren sie mit einem Virus, den sie eigentlich in sich haben, aber der im unternehmerischen Alltag mit seinen individuellen Zielen und dem internen Wettbewerb keine Chance hat, zu wirken. Und das macht eine ganz besondere Atmosphäre, das kann ich schon versprechen.

Teil 2 des Interviews mit Sabine hört Ihr hier.